Die Zeiten sind unruhig: Corona, die geopolitische Lage, abgerissene Lieferketten und steigende Preise tragen dazu bei, dass sich so manches Lieferantenmanagement Konzept in der Praxis nur schwer realisieren läßt.
Häufig werden enorme Preiserhöhungen geschluckt, damit wenigstens geliefert wird. Verbindliche Lieferzeiten? Fehlanzeige.
Deshalb sollte gerade in der heutigen Zeit der Lieferant noch stärker geführt werden mit Hilfe von sechs Beeinflussungsmöglichkeiten. Das Konzept dahinter nennt sich "Supplier Leadership".
Bevor wir etwas detaillierter zu diesem innovativen Konzept kommen, jetzt noch ein paar Worte zum Konzept bzw. Prozess Lieferantenmanagement.
Lieferantenmanagement ist ein Einkaufsprozess mit dem Ziel, die besten Lieferanten zu finden und auf Basis einer hohen Transparenz die Lieferanten zu segmentieren und die Ergebnisse der wichtigsten Lieferantenbeziehungen zu verbessern.
Der Lieferantenmanagement Prozess besteht aus den Schritten:
Was ist Lieferantenmarketing?
Lieferantenmarketing ist die zielgerichtete und prozessgesteuerte Kommunikation mit (potenziellen) Lieferanten mit dem Ziel, die Attraktivität des Unternehmens gegenüber den (potenziellen) Lieferanten zu maximieren.
Warum ist Lieferantenmarketing sinnvoll?
Es gilt: Je besser das Lieferantenmarketing, desto höher die Attraktivität Ihres Unternehmens aus Sicht des (potenziellen) Lieferanten. Je höher die Attraktivität Ihres Unternehmens aus Sicht des Lieferanten, desto stärker die Lieferantenbasis. Je stärker die Lieferantenbasis desto stärker der Wettbewerb. Je stärker der Wettbewerb desto stärker Ihre Verhandlungsposition. Je stärker Ihre Verhandlungsposition desto höher Ihre Chance auf ein besseres Nutzen-Kosten Verhältnis.
Die Webseite des Unternehmens spielt immer eine wichtigere Rolle und kann als Einstieg dienen für den folgenden Prozessschritt, die Registierung der potenziellen Lieferanten. Außerdem empfiehlt es sich, einen Trichter (englisch: "Funnel") zu entwickeln, um die interessierten Unternehmen in mehreren Stufen zu qualifizieren.
Lieferantenbewertung ist die Messung und die Beurteilung der Leistung des Lieferanten anhand von vorher festgelegten Kriterien.
Eine Forderung der ISO9001 ist die Lieferantenbewertung. Abgesehen von dieser Forderung ist es sehr sinnvoll, eine Transparenz über die Leistung der Lieferanten zu besitzen.
In vielen Unternehmen werden die Bewertungsinformationen unterteilt in harte Fakten ("hard facts") - z.B. Liefertreue ermittelt direkt aus dem ERP System - und weichen Kriterien, z.B. Flexibilität bei Dienstleistungen.
Es empfiehlt sich bei schlechten Bewertungen einen klaren Ablauf zu etablieren, der in der Entwicklung von Maßnahmen des Lieferanten zur Verbesserung seiner Leistung mündet.
Neben den Informationen aus der Lieferantenbewertung sollten noch weitere interne und externe Daten gesammelt und ggf. Lieferantendaten und Marktinformationen gekauft werden, um diese dann in einer "Procurement Intelligence" Lösung miteinander zu verknüpfen und als gute Entscheidungsgrundlage zu visualisieren.
Wichtig im Zusammenhang der Lieferantenanalyse ist die Einschätzung und die Bewertung von Lieferantenrisiken ("Supplier Risk"), z.B. durch Insolvenzen. Daher sollte ein generelles Supplier Monitoring System eingesetzt werden. Für besonders kritische Lieferanten sollten vor allem der veröffentlichte Jahresabschluss und das Geschäftsmodell der jeweiligen Lieferanten unter die Lupe genommen werden.
Lieferantenklassifizierung ist die Enteilung der Lieferanten in definierte Klassen nach festgelegten Kriterien.
Eine Klassifizierung der Lieferanten ist sinnvoll, um die begrenzten Ressourcen des strategischen Einkaufs effektiv einzusetzen. Außerdem ist es im Rahmen der Geschäftsmodell-Entwicklung (gemäß Business Model Generation CANVAS) entscheidend für den linken Part der Leinwand, die wichtigsten Lieferanten als strategische Partner zu identifizieren.
Kritieren für die Klassifizierung von Lieferanten können sein: Einkaufsvolumen, strategische Bedeutung, Ergebnis der Lieferantenbewertung, Abhängigkeit und Marktmacht.
Für jede Lieferantenklasse sollte klar geregelt sein, wie die Steuerung und Kommunikation erfolgt. Dabei nimmt die Intensität der Steuerrung und Kommunikation mit steigender Bedeutung des Lieferanten zu.
Supplier Relationship Management (SRM) ist ein Prozess, der die Aufnahme, Pflege, Dokumentation, Weiterentwicklung der Geschäftsbeziehungen mit Lieferanten umfasst mit dem Ziel, die Ergebnisse aus diesen Geschäftsbeziehungen zu verbessern.
Supplier Relationship Management ist ein geeignetes Instrument, um ergänzend zu dem analytischen Vorgehen, die Qualität der Geschäftsbeziehungen und damit deren Ergebnisse zu verbessern.
Das Ziel ist eine möglichst hohe Versorgungssicherheit, ein möglichst hohes Kundennutzen-Kosten-Verhältnis und ein möglichst hohes Maß an Verantwortung aller Seiten für Klima, Umwelt und den Menschen.
Supplier Relationship Mangement kann ein Gegenpart zum Customer Relationship Management Konzept sein.
Dabei werden alle Berührungspunkte ("Touchpoints") mit dem Lieferanten nachvollziehbar festgehalten mit dem Ziel die Lieferantenbeziehungen in Form noch stärker Kooperation und/oder Innovation zu verbessern.
Spezifische Lieferantentage wären zum Beispiel hilfreiche Instrumente um die Kooperation und/oder Innovation zu erhöhen und/oder Kosten zu senken.
Supplier Leadership bedeutet die Beeinflussung von Lieferanten, um die gemeinsam vereinbarten Ziele zu erreichen.
Supplier Leadership verfolgt das gleiche Ziel wie Supplier Relationship Management, d.h. möglichst hohe Versorgungssicherheit, ein möglichst hohes Kundennutzen-Kosten-Verhältnis und ein möglichst hohes Maß an Verantwortung aller Seiten für Klima, Umwelt und den Menschen.
Während SRM eher sachlich, abstrakt und administrativ einzuordnen ist, stellt die Führung der Lieferanten und damit Supplier Leadership den konkreten Einfluss auf den Menschen in den Mittelpunkt.
In Anlehnung an den Prinzipien von French & Raven (1959) stehen dem Einkauf und deren internen Kunden 6 Möglichkeiten zur Beeinflussung (= Führung) von Lieferanten zur Verfügung:
1. Anerkennung
Dem Einkäufer stehen hier verschiedene Optionen zur Verfügung, um besonders herausragende Leistungen des Lieranten besonders wertzuschätzen, z.B.
Sanktionen stehen dem Einkauf zur Verfügung, um den Lieferanten für wiederholte Schlechtlieferung bzw. -Leistung und vor allem Vertrauensmißbrauch zu bestrafen. Dazu gehört:
Um Informationsvorsprünge gegenüber dem Lieferanten zu bekommen und bessere Strategien zu entwickeln, ist es hilfreich, wenn der Einkäufer sich tiefes Wissen aneignet zu
Hier kann der Einkäufer den Lieferanten steuern, indem er bestimmte Informationen bereitstellt oder vorenthält, z.B.
Gerade im Zuge verstärkter Digitalisierung der Beschaffungsprozesse kommt es im Sinne einer hohen Qualität der Geschäftsbeziehungen auf die Persönlichkeiten der Beteiligten an. Hilfreich für die businesstaugliche Wirkung der Persönlichkeit von Einkäufern ist ein reflektiertes Selbstbewusstsein der eigenen Persönlichkeit mit den Stärken und Entwicklungsmöglichkeiten im Geschäftsumfeld. Dann kann an folgenden Stellschrauben gedreht werden, um vor der Webcam bzw. im Büro oder vor Ort Lieferanten zu beeinflussen, d.h. beeindrucken, überzeugen, begeistern und ggf. sogar mal inspirieren:
Damit ein Einkäufer einen Lieferanten führen kann, muss er dafür legitimiert, d.h. berechtigt sein und die Freiheiten haben, im Sinne seines Unternehmens zu handeln. Daher hilft dem Einkäufer für seine Einflussnahme auf Lieferanten:
Dann lassen Sie uns kennenlernen...